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Hahnstätten – Ein Ort mit Geschichte und Geschichten

Hahnstätten im Aartal blickt auf mehr als 1.200 Jahre Geschichte zurück – von frühen Hügelgräbern über Adel und Wasserburg bis hin zur Industrialisierung durch Kalkabbau. Ein Ort voller Geschichte, Bauwerke und lebendiger Traditionen.

Bildquelle: Gemeinde Hahnstätten

Wer heute durch Hahnstätten spaziert, den empfängt ein Ort mit vielen Gesichtern: mal geprägt vom industriellen Kalkabbau, mal vom dörflichen Leben zwischen Kirche, Schloss und Fachwerk, mal von den Spuren einer wechselvollen Geschichte, die mehr als 1.200 Jahre zurückreicht.

Von Hügelgräbern und alten Namen

Die Wurzeln Hahnstättens reichen weit zurück in die Zeit, als es noch keine Burgen und Kirchen gab. Archäologen haben oberhalb des Ortes über hundert Hügelgräber entdeckt, die bis in die Hallstattzeit, also rund 800 Jahre vor Christus, datieren. Diese Funde erzählen von Menschen, die hier bereits Ackerbau betrieben, ihre Toten bestatteten und Spuren hinterließen, lange bevor der Name „Hahnstätten“ überhaupt existierte.

Zum ersten Mal taucht der Ort im Jahr 790 auf, in einer Urkunde Karls des Großen. Dort wird er noch „Haonstat“ genannt und dem Kloster Prüm geschenkt. In den folgenden Jahrhunderten wandelt sich die Schreibweise mehrfach: „Honstat“, „Hohenstad“, „Hanstätten“. Erst im 20. Jahrhundert setzt sich die heutige Form „Hahnstätten“ durch. Die Deutungen reichen von „Hohe Stätte“ über „Ort am Hagen“ bis hin zu volkstümlichen Geschichten, die den Namen schlicht auf den Hahn zurückführen wollten.

Ritter, Kirche und Gericht

Im Mittelalter tritt Hahnstätten deutlicher ins Licht der Geschichte. Im 13. Jahrhundert ließ Graf Gerhard von Diez eine Kirche errichten – die Keimzelle der späteren Pfarrkirche St. Nikolaus. Etwa zur selben Zeit taucht ein lokales Adelsgeschlecht auf, die „Herren von Hahnstätten“. Sie bauten aus einem Fronhof eine Wasserburg, die im Ort für Jahrhunderte das Machtzentrum bildete.

Schon bald wurde Hahnstätten auch Gerichtsort: Ab 1326 bestand hier ein sogenanntes Zentgericht, das über kleinere und größere Vergehen der Umgebung zu urteilen hatte. Man spürt darin die Bedeutung des Ortes, der im Laufe der Zeit an die Grafen von Nassau fiel.

Reformation, Hexenprozesse und Kriegsjahre

Die frühen Neuzeit brachte Hahnstätten Licht und Schatten. 1533 erreichte die Reformation den Ort, die Kirche wurde evangelisch. Doch zugleich kam es im 16. Jahrhundert zu Hexenverfolgungen – zwei Frauen aus Hahnstätten wurden in Diez der Hexerei bezichtigt und auf dem Scheiterhaufen hingerichtet.

Auch der Dreißigjährige Krieg (1618–1648) hinterließ tiefe Wunden. Hunger, Pest und Plünderungen dezimierten die Bevölkerung, viele Höfe lagen verlassen. Dennoch rappelte sich die Gemeinde wieder auf, baute neu, passte sich an, und das Leben kehrte zurück.

Kalk und Eisen – der Weg in die Moderne

Neben Landwirtschaft spielte schon früh die Nutzung der Bodenschätze eine Rolle. Bereits 1364 ist Eisenabbau belegt, doch entscheidend wurde später der Kalk. Mitte des 19. Jahrhunderts begann die Firma Schaefer Kalk mit dem Abbau – bis heute prägt sie den Ort und seine Wirtschaftskraft.

Mit der Industrialisierung kam auch die Eisenbahn. 1869/70 erhielt Hahnstätten Anschluss an die Aartalbahn. Besonders der Ortsteil Zollhaus entwickelte sich durch seinen großen Güterbahnhof zu einem Verkehrsknotenpunkt. Neue Fabriken entstanden, Zementwerke und Kalkwerke boten Arbeitsplätze, die das Leben vieler Familien bestimmten.

Auch das Ortsbild veränderte sich: 1872 entstand ein neues Schul- und Rathaus, Ende des 19. Jahrhunderts legte man Wasserleitungen und modernisierte die Infrastruktur. Aus einem bäuerlich geprägten Dorf wurde ein Ort mit industriellem Herzschlag.

Dunkle Zeiten im 20. Jahrhundert

Wie überall in Deutschland war die Zeit des Nationalsozialismus auch in Hahnstätten eine Zäsur. Die kleine jüdische Gemeinde, die seit dem 18. Jahrhundert existierte, wurde ausgelöscht. Ihr Bethaus in der Dahlstraße 1 bestand bis 1936. Familien wie die Strauß und Oppenheimer wurden verfolgt, vertrieben oder ermordet – ein düsteres Kapitel der Ortsgeschichte.

Nach dem Krieg begann der Wiederaufbau. Hahnstätten lag an der Grenze zwischen französischer und amerikanischer Besatzungszone; im Zollhaus kontrollierten Soldaten die Menschen auf Schmuggelware. Doch bald blühte das Vereinsleben neu auf: Gesangsverein, Musikverein, Sportgemeinde, Feuerwehr – sie gaben den Hahnstättern wieder Gemeinschaft und Zuversicht.

Bauwerke mit Geschichte

Wer durch den Ort geht, begegnet zahlreichen Zeugen dieser langen Geschichte. Das Biebersteinsche Schloss, einst Wasserburg, dann Residenz der Familie Marschall von Bieberstein, ist heute noch ein markanter Blickfang im Ortskern. Die evangelische Pfarrkirche St. Nikolaus stammt im Kern aus dem 13. Jahrhundert, wurde später erweitert und mit einer prächtigen Kanzel ausgestattet.

Das alte Rathaus, ein Fachwerkbau des 18. Jahrhunderts, erzählt ebenso von früheren Zeiten wie die Bahnhofsgebäude der Aartalbahn. Und auf dem Friedhof erinnert die neugotische Gruft des Freiherrn von Bieberstein an den bedeutenden Staatsmann des Herzogtums Nassau.

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Menschen aus Hahnstätten

Auch Persönlichkeiten hat der Ort hervorgebracht: Neben dem erwähnten Staatsminister Ernst Franz Ludwig Freiherr Marschall von Bieberstein sind dies etwa der Dirigent Bruno Weil, der in Hahnstätten geboren wurde und international dirigiert, oder Joachim Freiherr Marschall von Bieberstein, der als Diplomat tätig war. Sie alle zeigen, dass dieser vergleichsweise kleine Ort immer wieder Menschen hervorbrachte, die über die Region hinauswirkten.

Hahnstätten heute

Heute ist Hahnstätten Teil der Verbandsgemeinde Aar-Einrich. Trotz moderner Strukturen spürt man im Ort noch immer die lange Geschichte. Wanderwege wie der Aar-Höhenweg oder der Aartal-Radweg führen durch die Landschaft, Naturerlebnispfade laden zum Entdecken ein. Und wenn alljährlich die Kirmes gefeiert wird, lebt eine Tradition weiter, die schon 1853 erstmals erwähnt ist.

So steht Hahnstätten sinnbildlich für viele Orte im Taunus: geprägt von alter Geschichte, geformt von harter Arbeit in Landwirtschaft und Industrie, erschüttert von Kriegen und Diktatur – und doch lebendig geblieben, mit einem starken Sinn für Gemeinschaft und Heimat.


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